Kautenbach im Krieg

Der 2. Weltkrieg in Kautenbach

Im März 1941 wird die Gemeindeverwaltung von Kautenbach aufgelöst und der Ort der Amtsbürgermeisterei Wiltz unterstellt. Nach dem Generalstreik im August 1942 werden Personen mit unzuverlässiger Gesinnung umgesiedelt. In Kautenbach sind dies Mathias Bantz, Michel Gottal, Suzanne Gottal-Frederes, Marguerite und Lucie Gottal. Obwohl selbst nicht betroffen, lässt sich auch der mit Marguerite Gottal verlobte Alex Gengler freiwillig verhaften, um seine Verlobte nicht allein zu lassen.

Am 10. Juli 1943 wird der Befehl zur Umsiedlung der Angehörigen von Wehrmachtsdeserteuren erlassen. In Kautenbach sind dies die Familien Aubart, Kneip und Zeyen. Weitere Kautenbacher ‒ Michel Aubart, Anton Heischburg, Jean-Baptiste Laplanche und Henri Hiertz ‒ sind bereits in Gefängnissen interniert. Vier Personen werden in ein Konzentrationslager überführt: Michel Aubart, Helène Hiertz, Jean Laplanche und Suzanne Schartz. Letztere kommt ins KZ-Außenlager Eberswalde, wo sie Zwangsarbeit leisten muss und stirbt. Sieben weitere Beamte und Arbeiter aus Kautenbach, die sich einer Kollaboration verweigern, werden in den Dienst des Reiches gestellt.

Im September 1944 wird Luxemburg befreit, der Krieg scheint beendet. Auf den Freudentaumel folgt die Ernüchterung, denn am 16. Dezember 1944 beginnt die Ardennenoffensive. Als die Kautenbacher Schulkinder am 16. Dezember nach Hause gehen, stehen die Erwachsenen in Gruppen zusammen: „Sie kommen über die Our, sie sind nicht mehr weit ...“ Am Sonntag dann die Nachricht, dass deutsche Soldaten in Holzthum seien. GIs marschieren von Kautenbach nach Consthum. Die Bevölkerung von Holzthum, Consthum und Schlindermanderscheid flüchtet vor dem Donner der Kanonen.
 
Fast alle Menschen aus Kautenbach schließen sich ihnen an. Nur etwa zwölf Personen bleiben zurück.

Am 17. Dezember marschieren deutsche Soldaten des 14. Fallschirmjägerregiments der 5. Fallschirmjägerdivision von Süden aus Richtung Goebelsmühle entlang der Bahnlinie in den Ort ein. Sie erobern den Bahnhof, nehmen den Bahnhofsvorsteher gefangen, wittern überall Verrat und plündern seine Vorräte. Dann ziehen sie mit ihren Pferden ins Dorf.

Die amerikanischen Soldaten des 103rd Medical Bataillon müssen ihren Verbandsplatz in Kautenbach fluchtartig verlassen. Als Lieutenant Daniel B. Strickler und seine Männer sich am 18. Dezember von Consthum nach Kautenbach zurückziehen, wissen sie nicht, ob der Feind Kautenbach besetzt hat und ob der Rückzugsweg nach Wiltz noch offen ist. Als sie in Kautenbach ankommen, ist das Dorf wie ausgestorben.

Die amerikanischen Soldaten durchqueren den Ort und werden auf der Brücke von deutschen Soldaten, die aus dem Tunnel vorrücken, angegriffen. Sie können den Angriff abwehren, die isolierte Stellung in Kautenbach jedoch nicht verteidigen.

Die Schule wird zum Pferdestall umfunktioniert. Bis zum Beginn des Wiederaufbaus ihres zerstörten Dorfes müssen die heimkehrenden Flüchtlinge in einem Bunker am Bahnhof wohnen.

Am Heiligabend wird ein Haus von einem Flugzeug aus beschossen. Am Stephanstag wird die Kirche durch eine einzige Bombe zerstört. Am 28. Dezember erfolgt ein weiterer Bomberangriff, bei dem der Schuppen neben der Schule getroffen wird.
 
Am 23. Januar 1945 überquert das 319th Regiment der 80. Infantry Division der US Army die Wiltz zwischen Merkholtz und Kautenbach und nimmt am 24. Januar Kautenbach ein. Nach der Sprengung der Brücken ziehen sich die deutschen Soldaten zurück. Sie beziehen Stellung am Dorfausgang und an den steilen Hängen in Richtung Consthum und nehmen den Ort unter Beschuss.

Der 18-jährige deutsche Frontsoldat Heinrich Koning berichtet: „Ich gehörte zum 2. Bataillon des 226. Regiments der 79. Volksgrenadierdivision. Um den 25. Januar geriet ich mit sieben Soldaten unserer Gruppe in Kautenbach in Gefangenschaft. Wir sollten den Rückzug der 79. Volksgrenadierdivision decken und befanden uns bei der Kirche in dem ersten Haus links des Weges nach Consthum. Zwei Pioniere, die gekommen waren, um Stolperminen zu legen, wurden sofort erschossen. Wir legten die Waffen nieder und kamen vorsichtig mit erhobenen Händen heraus. Wir wurden gefangen genommen und in einem großen Haus verhört …“

Am 14. Januar werden etwa 70 Einwohner aus Nocher zum Verlassen ihres Dorfes gezwungen. Sie wehren sich und versuchen mit allen Mitteln, zu bleiben. Doch die deutschen Soldaten kennen kein Erbarmen. Von der Anhöhe bis nach Kautenbach sind es etwa sechs Kilometer. Der Abstieg ist anfangs leicht, aber der weitere Weg durch die Hecken ist sehr anstrengend: Die alten Menschen, Frauen und Kinder rutschen aus, fallen in den Schnee, kauern am Straßenrand. Die deutschen Soldaten treiben sie an und gegen 3 Uhr morgens erreicht die Gruppe Kautenbach. Sie suchen Schutz im Bahnhofskeller, aber der ist wie fast alle Keller überfüllt. Schließlich finden sie einen Keller am Bach. Er ist eiskalt und feucht.
 
Der Marsch soll eigentlich am nächsten Tag fortgesetzt werden. Die Gefangenen werden bedroht und dürfen erst bleiben, als sich sechs Männer bereit erklären, Schützengräben auszuheben. So leben 70 Personen zwei Wochen lang auf engstem Raum in einem Keller in Kautenbach. Die Beschaffung von Nahrungsmitteln für so viele Menschen in Zeiten des Krieges, noch dazu im Winter, ist eine echte Herausforderung. Am 27. Januar kehren sie halb verhungert nach Nocher zurück, das nach den schweren Kämpfen nur noch ein einziges Trümmerfeld ist. Keine Lebensmittel, keine Kleidung, kein richtiges Dach über dem Kopf ‒ so sieht Elend aus.

Auch in Kautenbach fordert der Krieg Opfer unter der Zivilbevölkerung. Der 14-jährige Martin Mersch wird am 8. Januar in der Nähe des Hauses Peysen von einem Granatsplitter am Kopf getroffen und stirbt. Der 40-jährige Pierre Wickler kann die Ankunft der GIs kaum erwarten. Mit einer weißen Fahne kommt er aus seinem Versteck im Wald und wird von einer amerikanischen Kugel getötet. Am 28. Dezember wird ein kleines Kind geboren, das an den Folgen der Kälte stirbt.

In der Nacht vom 2. auf den 3. Februar stürzt ein viermotoriger englischer Bomber etwa 100 Meter von der Schule entfernt ab. Die Wucht der Explosion ist gewaltig und richtet weitere Zerstörungen an. Acht Briten kommen ums Leben. Die Trümmer des Flugzeuges liegen verstreut in den Gärten zwischen der Klerf und der Dorfstraße.
 
Während der Rundstedt-Offensive brennen zwei Häuser vollständig aus, vier werden zerstört, drei unbewohnbar. Im ganzen Dorf sind die Fensterscheiben und Dächer beschädigt. Von der Kirche steht nur noch der Turm, die Glocken rufen auch im schweren Jahr 1945 noch zum Gebet. Ende Januar 1945 sprengen die sich zurückziehenden deutschen Truppen alle Eisenbahnbrücken auf der Strecke Kautenbach-Wiltz.

Schon kurz nach Kriegsende beginnt der Wiederaufbau des schwer getroffenen Ortes. Am 2. Mai 1945 besucht Großherzogin Charlotte das zerstörte Kautenbach, um sich ein Bild der Lage zu machen und der Bevölkerung Mut zuzusprechen. Noch im selben Monat wird die gesprengte Brücke über die Wiltz wieder aufgebaut. Am 23. Juni 1945 wird der Zugverkehr zwischen Kautenbach und Wiltz wieder aufgenommen.

Die gesprengte Brücke über die Klerf, im Hintergrund die Überreste der zerstörten Kirche
Zerstörte Häuser nach dem Krieg
Bei einem Bomberangriff im Dezember 1944 wird die Kirche stark beschädigt. Nur der Turm bleibt zwischen den Ruinen stehen.
Schwere Schäden am Kneiphaus aufgrund der Sprengung der Brücke durch die Wehrmacht
Zwischen dem 10. September und dem 18.Dezember 1944. Amerikanische Sanitäter beim Café Hatz.
Ein Wiederaufbauhelfer überreicht Großherzogin Charlotte bei ihrem Besuch in Kautenbach Blumen.
Weitere Informationen
Quellen & Fotos

Jean Milmeister - Die Ardenenschlacht
Fritz Rasqué - Das Ösling im Krieg
Biller aus der Gemeng Kautebach 1991
De Cliärrwer Kanton - Erzählungen von Frau Wagener-Weis Marthe
The National Archives and Records Administration (NARA)
Webseite Aircrew Remembered

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