Schloss Enscheringen

Die Herrschaft und das Schloss Enscheringen

Enscheringen wurde schon früh von einer Herrscherfamilie bewohnt, die sich nach dem Ort benannte.

Es gab zwei Geschlechter von Enschringen: die von Enschringen aus der Eifel mit einem Löwen im Wappen und die von Enschringen mit einem Sparren, die sich vorwiegend im wallonischen Sprachraum Luxemburgs und in den Ardennen ausbreiteten. Beide haben jedoch denselben Ursprung, das kleine Dorf Enschringen  zwischen Clerf und Oberwiltz im Großherzogtum Luxemburg. Der Name des Rittergeschlechts und des Ortes taucht in der Literatur in verschiedenen Schreibweisen auf: Enschringen, Eynschringen oder Enscheryn.

Die Familie von Enschringen wird erstmals 1184 erwähnt. Als Stammvater gilt Ludwig von Enschringen, der um 1230 lebte. In der Grafschaft Trier ist das Geschlecht von Enschringen noch 1684 nachweisbar.

In einer Urkunde von 1266 wird der Edle Ritter von Enschringen erwähnt: Ludwig, Miles de Enscheringen. Das Herrschaftsgebiet von Enschringen gehörte zur Propstei Bastogne.

Das Wappen des Herrschergeschlechts von Enschringen 

Die Familie von Enschringen führte einen Löwen und rot-goldene Streifen in ihrem Wappen.

5, 7 oder 8 x zu 6, 8 oder 9 Feldern gold-rot geteilt, belegt mit einem schwarzen, rotgezungten Löwen. Helmzier ein Jungfrauenrumpf (nach Gruber) bzw. Mannesrumpf (nach Loutsch) im goldenen Kleid und mit goldener Stirnbinde, anstelle der Arme zwei mit silbernen Seeblättern bzw. nach anderen Quellen goldenen Lindenblättern oder Herzen bestreute schwarze Flügel. Helmdecken schwarz-golden. 

Der Löwe und die Farben Rot und Gold finden sich noch heute im Wappen der Gemeinde Kiischpelt.

In der Geschlechterfolge der Familie von Enschringen fällt auf, dass alle Linien sehr kinderreich waren. Dies dürfte einer der Gründe für die Verbreitung in alle angrenzenden Regionen gewesen sein. Reich begütert war die Familie in der Eifel: in Bitburg, Rittersdorf, Liesem und Wolfsfeld.

Die von Enschringen wirkten im Klerus und in der Kirche: Ida von Enschringen starb 1350 im Augustinerinnenkloster Hosingen. Thonissa von Enschringen war von 1426 bis 1450 Äbtissin im Kloster Niederprüm. Ludolf von Enschringen war Pfarrer in Echternach. 1486 wurde Lysa von Enschringen Äbtissin des Thomasklosters an der Kyll. Im 16. Jahrhundert war Margareta von Enschringen Äbtissin des Klosters Ören bei Trier und Apollonia von Enschringen Priorin im Mariental. Maria-Gertrud war Priorin des Klosters Hosingen, das Nutznießer der Renten und Zinsen der Familie von Enschringen war.

Vieles lässt darauf schließen, dass die von Enschringen auch ein sehr kriegerisches Geschlecht waren. Johann von Enschringen, Vasall des Herrn von Clerf, verwickelte seine Dörfer in eine Fehde zwischen Clerf und Wiltz, ein Streit, der am Willibrordstag 1448 beigelegt wurde. Ein Johann  von Enschringen geriet 1481 in die Gefangenschaft des Grafen Virnenburg.

Im 16. Jahrhundert bekleideten die von Enschringen wichtige Ämter in Luxemburg. Johann von Enschringen war Unterpropst des Provinzialrats in Luxemburg, Georg von Enschringen Adelsrichter des Landes und Wolfgang Friedrich von Enschringen Mitglied des Rittergerichts.

Das alte Geschlecht von Enschringen veräußerte 1596 seine Rechte in Enscheringen und scheint ab diesem Zeitpunkt seinen Stammsitz aufgegeben zu haben.

Eine Beschreibung des alten Ritterguts findet sich in den Prozessakten von 1628:

„Sie sagen wörtlich: das alte Haus Enschringen war (um 1570) gar gering und einem alten Bauernhaus gleich gewesen, ausgenommen dass es mit einer kleinen Pforte versehen war, darausser man erkennen könne, dass es ein adlig Haus sei.
 
Um 1588 wird es durch Ankauf vergrößert: Friederich (von Auwach) kaufte ein gewisses altes Haus mit Scheuer … Er ließ das gekaufte Objekt abbrechen und zu einem Garten gemacht, der ab jetzt in den Bering eingeschlossen ist. 1628 sei der alte Bau so gering gewesen. Er wurde verbessert, erweitert und mit neuem Speicher gehöhet. Die Zeugen haben zu verschiedenen Malen geholfen, an selbigen Bauten arbeiten … Vor 12 Jahren ließ dann die Witwe Veronika das Wagenhaus oder Portall aufbauen. Der Zeuge Brahmonts Peter hat dabei geholfen bauen … Das frühere Enscheringer Schloss verdiente diesen Namen eigentlich nicht, obschon Adlige in seinen Mauern wohnten.“

Im Jahr 1638 erwarben der Seigneur Denys de Lestrieux und seine Gemahlin Anna Margaretha von Breiderbach die Herrschaft und die Hochgerichtsbarkeit in den Dörfern Pintsch und Wilwerwiltz, etwas später auch in Enscheringen, sowie das Kollationsrecht  der Pfarrei.

Nach dem Tod des Vaters übernahm sein Sohn Théodore de Lestrieux die Herrschaft. Dieser verkaufte 1720 die Dörfer Pintsch und Wilwerwiltz für 117 und einen halben Taler an Jean Gaspar Bockholtz. Sein Sohn Charles de Lestrieux, der sich immer noch Seigneur d’Enschringen nannte, erklärte 1759, dass er die Herrschaft Enschringen  besitze. Über die letzten Lebensjahre von Charles de Lestrieux gibt es nichts Wesentliches zu berichten. Er starb am 12. Februar 1793 im Alter von 71 Jahren. Nach Charles’ Tod scheint niemand mehr dauerhaft auf Schloss Enschringen gewohnt zu haben.
 
Am 28.März 1803 verkaufte Philippe, einer von Charles’ Söhnen, seinen restlichen Besitz in Enscheringen an Henri Freres.

Nach anderen Quellen soll Charles de Lestrieux sich das Leben genommen haben, auch soll ein Charles Lestrieux als Gärtner beim neuen Besitzer Henri Freres gearbeitet haben. In der Familiengeschichte der Lestrieux sind diese Geschichten jedoch nicht überliefert.

Henri Freres kam um 1800 nach Enscheringen und gründete eine kleine Gerberei mit einigen Lohgruben und einem landwirtschaftlichen Betrieb. Weiter kaufte er Lestrieux’ Gut und baute es nach und nach aus. Henri Freres ließ die noch heute erhaltenen Gebäude an der Straße nach Wilwerwiltz errichten. Zeitweise beschäftigte er an die 30 Arbeiter. Nach und nach erwarb er Wiesen und Ländereien von der Gutsherrschaft Bockholtz. Henri Freres und seine Frau Theresia Reding hatten sieben Kinder, von denen Michel Freres (1810‒1888) den Betrieb übernahm. Henri Freres starb 1852 im Alter von 78 Jahren, Theresia im November 1853.
 
Michel Freres war Bürgermeister und Abgeordneter und starb unverheiratet. Nach ihm führte sein Bruder Jean-Nicolas Freres (1822‒1889) die Lohmühle und die Gerberei weiter. In dieser Zeit wurde das Landschloss renoviert und erweitert. Jean-Nicolas Freres heiratete 1872 Gertrud Dondelinger (1851‒1917), die aus dem Schloss in Christnach stammte. Nach dem Tod seines Bruders wurde Jean-Nicolas ebenfalls Bürgermeister, starb aber wenige Wochen später. Gertrud Freres-Dondelinger, seit 1884 Schutzmitglied des Zithaordens, hegte schon seit Längerem den Wunsch, in ihrer Heimatgemeinde eine Schwesternniederlassung zu gründen, ein Vorhaben, das immer wieder an einem geeigneten Gebäude scheiterte. Nach dem Tod ihres Mannes 1889 bot sie den Tertiar-Karameliterinnen eine Unterkunft in ihrem eigenen Haus an. Die offizielle Gründung der Enscheringer Niederlassung im Freres-Haus erfolgte jedoch erst am 31. Oktober 1897. Einige Jahre später, als die wertvolle Arbeit der Schwestern allgemein anerkannt war, richtete die Gemeinde ihnen eine eigene Wohnung in der Schule ein.

Die Gemeinschaft in Enscheringen war apostolisch tätig und eine große Hilfe für die Menschen im Kiischpelt. Während sie für die Betreuung, Erziehung und Ausbildung von Mädchen und Kleinkindern zuständig war, kümmerte sich die Gemeindeschwester um die medizinische Notversorgung der Bevölkerung.
 
Als 1912 ein Brand das Schulgebäude und die Wohnung der Schwestern völlig zerstörte, musste Gertrud Freres die Schwestern ein zweites Mal aufnehmen. Mobiliar, Kleidung und Hauskapelle wurden ein Raub der Flammen. Da ihre Familienverhältnisse eine Aufnahme der Schwestern in ihrem eigenen Haus nicht mehr zuließen, zogen diese bis zum Wiederaufbau der Schule in die Hofwohnung. Hier diente ein einziger kleiner, rauchgeschwärzter Raum als Refektorium, Küche und Betsaal. Darüber befand sich der Schlafraum. Der Fröhlichkeit und Freude an der täglichen Arbeit tat dies jedoch keinen Abbruch. Die Schwestern lebten, beteten und arbeiteten hier bis August 1913, als sie ihre Wohnung in der Schule wieder beziehen konnten.

Der Gerbereibetrieb wurde um das Jahr 1914 eingestellt.

1932 stand das herrschaftliche Wohnhaus der Familie Frères mit 16  Zimmern zur Vermietung oder zum Verkauf. Der Chefarzt der Theresienklinik in Luxemburg, ein gewisser Dr. Chr . Mouton, erwarb das kleine Schloss in Enscheringen und stellte es teilweise den Zitha-Schwestern, die zum Regulierten Dritten Orden Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel, eine Ordensgemeinschaft des Karmeliterordens, gehörten, zur Verfügung.

In den 1960er-Jahren wurde die Gemeinschaft aufgelöst. Das Anwesen wurde von Herrn und Frau Bernard Zamaron-Mondloch erworben und mit viel Liebe zum Detail restauriert. Der ehemalige Sitz der Adelsfamilie von Enschringen kann leider nur von außen besichtigt werden und präsentiert sich Besuchenden so, wie er Ende des 17. Jahrhundert erbaut wurde.

Das kleine Schloss in Enscheringen heute

Eine Urkunde aus dem Jahr 1266

Das Wappen des Geschlechts von Enschringen

Schloss Enscheringen 1968

Das Grab der Noble Dame de Lestrieux auf dem alten Friedhof in Pintsch

Lohmühlen in Enscheringen 1974

Das kleine Schloss in Enscheringen heute

Weitere Informationen
Quellen & Fotos

Stramberg - Das Moseltal zwischen Zell und Konz (1837)
Dr. Jean Claude Loutsch - Armorial du Pays de Luxembourg (1974)
Otto Gruber - Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier (1962-1965)
Webseite Welt der Wappen
Ellen E. Brandes-de Lestrieux Hendrichs - De familie De Lestrieux in Enschringen Malmédy en Amsterdam
Artikel LW 20.10.1972 - Zithaschwestern Eine Filiale im Norden des Landes.
Webseite Weneanet.org – Henri Frères
Webseite Industriegeschichte aus Luxemburg und darüber hinaus

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