Die Kirche in Kautenbach
Schutzpatron Heiliger Bernhard
Das kleine Gotteshaus wird 1570 in einem Trierer Visitationsbericht erwähnt und ist Jakobus dem Älteren, einem der zwölf Apostel, geweiht. Es hatte einen Altar und einen Kelch. Einmal im Monat wird hier werktags eine Messe gefeiert . Für eine wöchentliche Messe verbuchte der Mönch Johann Reuter 1575 einen Taler in seinen Einkünften.
1601 ließ der Mönch Marcus Ottler , Pfarrer in Consthum und Mitglied des Trinitarierordens, eine Monstranz für Kautenbach anfertigen. Der Sockel ist sechseckig mit Wasserwellen und 18 Kaulquappen, der Mittelteil pyramidenförmig mit Glöckchen, darüber eine Kuppel und eine Laterne, die mit einem Deckel und einem Kruzifix abschließt.
In einem Bericht aus dem Jahr 1624 wird erwähnt, dass der Pfarrer von Consthum, Nic Scheneken, am Fest des heiligen Bernhard eine Messe las, eine Kollekte abhielt und eine Prozession durch das Dorf führte ‒ der heilige Jakobus schien zu diesem Zeitpunkt in den Hintergrund gerückt zu sein. 1628 beklagte man sich, dass die Pfarrkinder den Gottesdienst in Consthum nicht besuchten, weshalb eine Glocke angeschafft wurde, die in Consthum ‒ und möglicherweise auch in Pintsch ‒ zum Gottesdienst rief.
Die Kautenbacher Sankt-Anna-Wallfahrt hat ihren Ursprung im 17. Jahrhundert, als die Bevölkerung von Kautenbach und des gesamten Herzogtums Luxemburg immer wieder von Kriegen und Seuchen, vor allem von der Pest, heimgesucht wurde. Seit 1636 pilgern die Bewohnerinnen und Bewohner von Kautenbach am Festtag der Heiligen Anna singend und betend in einer Prozession nach Schlindermanderscheid.
In diesem Jahr gab es in Kautenbach siebzehn Häuser, von denen nach dem Dreißigjährigen Krieg nur noch acht bewohnt waren. Zwei Jahre später waren auch diese verlassen. Kautenbach erholte sich lange nicht von dieser schweren Zeit. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde der Norden Luxemburgs stark in Mitleidenschaft gezogen. Kaiserliche und fremde Truppen zogen mordend, plündernd und brandschatzend durch das Land. Die erste Messstiftung für die Feier eines Gottesdienstes in der Kautenbacher Kirche geht auf das Jahr 1697 zurück: eine Messe in der „Berentz Capell“ für Nikolaus Kneip und seine Nachkommen.
Aus dem Visitationsbericht von 1712 geht hervor, dass sich die Kirche in einem guten Zustand befand und dass ihr Hauptpatron der heilige Bernhard war. Kautenbach gehörte seit jeher zu etwa gleichen Teilen zu den beiden Pfarreien Consthum und Pintsch und damit zu den beiden Diözesen Lüttich und Trier. In den Pfarrkirchen von Consthum und Pintsch wurden wichtige kirchliche Handlungen wie Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen vollzogen. Die damalige Kirche stand auf Consthumer Gebiet, die Gottesdienste, Werktagsmessen und Rosenkranzgebete wurden jedoch in der Filialkirche gefeiert, mit Ausnahme der Messen an hohen Feiertagen.
Ein weiteres Visitationsprotokoll aus dem Jahre 1729 erwähnt einen Pfarrer in Kautenbach. Er soll von jedem Haus in der Pfarrei jährlich zwei Brote erhalten haben. Im Dorf gab es auch eine Schule und der Kaplan war wahrscheinlich auch gleichzeitig als Lehrer tätig. In seinem Testament vom 23. Mai 1730 stiftete Nic Kipp, Kaplan in Kautenbach, eine Wochenmesse in der Pfarrei Consthum und in der Kautenbacher Kapelle. Im Visitationsbericht von 1738 wurde die Kautenbacher Bevölkerung ermahnt, die Pfarrkirchen in Pintsch und Consthum zu besuchen, wobei die sonntägliche Frühmesse ausdrücklich nur für Alte, Kranke und Hirten bestimmt war.
Das noch erhaltene Einnahmen- und Ausgabenverzeichnis der Kapelle beginnt am 19. Oktober 1752. Interessant sind die An- und Verkäufe von Bernerdi-Kreuzen: Durch das Umhängen dieser Kreuze sollte die „Bärendskränkt“ ‒ Krämpfe und Zuckungen vor allem bei Kindern ‒ geheilt werden.
Die Kautenbacher Mitglieder der Pfarreien Consthum und Pintsch errichteten 1772 eine neue Filialkirche auf dem Friedhof. Zu diesem Zeitpunkt war Peter Brachmann bereits seit sieben Jahren als Kaplan tätig. Diese zweite Kirche bestand bis 1892, als sie ebenfalls abgerissen wurde. Die Überreste wurden auch später noch als Friedhofskapelle genutzt. 1776 erhielt sie eine in Saarburg gegossene Jubiläumsglocke mit drei Inschriften. Diese Glocke, die heute noch in Gebrauch ist, hat einen Durchmesser von 67 Zentimetern, ein Gewicht von 180 Kilo und ist auf den Ton Re gestimmt. Glocken hatten damals wichtige Funktionen: Sie riefen zum Gottesdienst, gaben der arbeitenden Bevölkerung die Zeit an und läuteten bei Feuer und Kriegsgefahr.
1787 setzte die Kautenbacher Bevölkerung sich bei den Behörden dafür ein, Kautenbach wegen der großen Entfernungen zu Consthum, Merkholtz und Pintsch zur Pfarrei zu erheben, da die Verstorbenen bis dahin in Consthum und Merkholtz beerdigt werden mussten. Der erste Pfarrer für die neue Pfarrei war schon bestimmt, aber es sollte nicht dazu kommen: Mit dem Einmarsch der Soldaten der neuen französischen Republik 1794 änderten sich die Zeiten schlagartig. Die Besitztümer von Kirchen und Klöstern wurden versteigert, Statuen und Wegkreuze zerstört, Glocken wurden entfernt, um Munition für die Armee herzustellen. Mit List und Tücke gelang dem damaligen Bürgermeister, Corneille Neumann, wohnhaft in Kautenbach, die Rettung der Jubiläumsglocke.
Sieben Jahre später wurde ein Konkordat zwischen dem Papst und Napoleon Bonaparte geschlossen und Luxemburg gehörte fortan zum Bistum Metz. Die Kirchenfabriken wurden gegründet, der Bürgermeister empfahl, Kautenbach zur Pfarrei zu erheben, und am 23. März 1808 wurde Michel Schwartz als Pfarrer von Kautenbach vereidigt. Die neue Pfarrei zählte 164 Gläubige. Die Register der neuen Kirchenfabrik beginnen am 7. November 1811. 1833 wurde das Pfarrhaus renoviert und fünf Jahre später eine zweite Glocke mit einem Durchmesser von 91 Zentimetern und einem Gewicht von 210 Kilo angeschafft. Sie wurde von Honoré Perrin-Martin, einem der bedeutendsten französischen Glockengießer des 19. Jahrhunderts, in Zusammenarbeit mit seinem Partner Joseph Michel hergestellt.
Zwanzig Jahre später waren sich der Pfarrer und der Kirchenrat darüber einig, dass der Friedhof zu klein geworden war. Zur Erweiterung schenkte Cornelius Schmit der Kirche ein an den Friedhof angrenzendes Gartengrundstück mit einer Größe von 16,5 x 11 Metern. 1869 war dann auch die fast 100 Jahre alte Kirche zu klein. Ein Jahr später legte Baumeister Betz dem bischöflichen Ordinariat einen Erweiterungsplan vor, dessen Kosten 5.946,64 Franken betrugen.
Doch erst 1891 wurde der Bau einer neuen Kirche Wirklichkeit. Distriktsarchitekt J.-P . Knepper erstellte einen Plan und einen Kostenvoranschlag in Höhe von 20.000 Franken. Die Steine für den Neubau wurden von der einheimischen Bevölkerung selbst in den umliegenden Steinbrüchen gebrochen und mit Karren zur Baustelle transportiert. Zwei Jahre später wurde die neue Kirche von Generalvikar B . Krier geweiht und die alte Kapelle abgerissen.
In Anlehnung an die geistige Kultur des Mittelalters wurde die neue einschiffige Kirche im neugotischen Stil erbaut. In der Folgezeit wurden neue Bänke angeschafft, eine neue Empore eingebaut, Beichtstühle und zwei Öfen geliefert. Aus der alten Kirche wurden die Kaulquappen-Monstranz, ein Ziborium, die Bernardus-Reliquie, ein Reliquiar und die beiden Glocken übernommen. Auch Bischof Petrus Nommesch weihte die Kirche bei seinem Besuch am 12. Mai 1923.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Kirchenrat aufgelöst, eine Kirchensteuer eingeführt, das Glockengeläut eingeschränkt, Prozessionen und sogar das traditionelle „Klibbern“ zu Ostern verboten. Während der Ardennenoffensive, am 26. Dezember 1944 um 12 Uhr mittags, wurde die prächtige Kirche auf dem Felsenhügel durch eine Fliegerbombe zerstört ‒ nur ein Trümmerhaufen blieb von ihr übrig.
Das Foto der zerstörten Kautenbacher Kirche erlangte traurige Berühmtheit. Nach der Befreiung durch die amerikanischen Truppen wurden der Gottesdienst und der Schulunterricht im Wartesaal des Kautenbacher Bahnhofs abgehalten. Fünf Jahre später genehmigte das Ministerium für Wiederaufbau den Kostenvoranschlag von 391.840 Franken der Architekten Rudi Fettes und Edmond Simon für den Bau einer neuen Kirche. Unter der Leitung von Pfarrer Jean-Pierre Hengen wurde der Wiederaufbau von der Baufirma Roemer aus Wiltz durchgeführt.
Am 10. April 1950 wurde der Grundstein von Bischof Koadjutor Leo Lommel gesegnet. Bei dieser Gelegenheit wurde auch eine dritte Glocke geweiht, gegossen in der Gießerei im Val des Cloches (Belgien) nach alter Technik. Sie wiegt 500 Kilo, ist auf den Ton La gestimmt und dem heiligen Joseph gewidmet.
Die Kirchweihe fand am 24. September 1951 statt. Der Turm der alten Kirche wurde in den Neubau integriert. Der einschiffige Innenraum wirkt schlicht und monumental, die Glasmalereien von Gustave Zanter zeigen Mariensymbole, das Mittelfenster im Chor Christussymbole und die Seitenfenster die vier Evangelisten mit ihren jeweiligen Symbolen. Die bebaute Fläche beträgt 321 Quadratmeter bei Innenabmessungen von 28,3 Metern Länge und 9,5 Metern Breite. Für die Turmfassade schuf der Luxemburger Maler und Bildhauer Leo Nosbusch 1963 eine 1,70 Meter hohe Statue des heiligen Bernhard mit den Symbolen Honigwabe und Buch. Einige Jahre später wurde die Turmuhr erneuert und eine Außenbeleuchtung installiert.
Der letzte in Kautenbach ansässige Pfarrer, François Lascombes, betreute die Pfarrei 20 Jahre lang, von 1963 bis 1983. Er war als Sanitäter an der Ostfront im Einsatz gewesen und schwer verwundet worden, eine Verletzung, die ihn für den Rest seines Lebens belastete. Als Historiker und Autor war er ein aktives Mitglied der „Section historique de l’Institut grand-ducal“ und gehörte zu den Mitbegründern des Geschichtsmuseums in Luxemburg-Stadt. Nach seiner Pensionierung wurde die Pfarrei von den Pfarrern der Nachbargemeinden betreut und gehörte bis zur Neuordnung des Erzbistums Luxemburg zum Pfarrverband Kiischpelt: Die bisher 274 Pfarreien wurden 2017 zu 33 neuen Großpfarreien zusammengelegt. In den Pfarrverbänden Kiischpelt (Eschweiler, Kautenbach, Knaphoscheid, Merkholtz, Pintsch) und Wiltz (Berlé, Donkols, Niederwiltz, Noertringen, Wiltz Notre-Dame) wurde ein Pastoralteam mit der Seelsorge und Verwaltung beauftragt.
Im Januar 2015 einigten sich die Regierung und die Religionsgemeinschaften auf mehrere Vereinbarungen über das künftige Verhältnis zwischen Staat und Religionen. Dementsprechend wurde in der Gemeinderatssitzung vom 14. Oktober 2016 eine Vereinbarung zwischen der Gemeinde und der Kirchenfabrik über die kirchlichen Gebäude in der Gemeinde beschlossen. Unter anderem ging die Kautenbacher Kirche in Gemeindebesitz über.
Weitere Informationen
Quellen & Fotos
› Nic Bosseler - Kautenbach Merkholtz-Alscheid
› Abbé Henri Blackes - Geschichtsblatt des Kiischpelt
› Jean Milmeister - Die Ardennenschlacht
› Fritz Rasqué - Das Ösling im Krieg